Von meiner Kunst leben können - WILL ich das überhaupt?
Das ist natürlich die wichtigste und entscheidende Frage - verblüffender Weise stellen sich die meisten Künstler°innen und kreativen Menschen die ich kenne, die Frage in dieser Form gar nicht.
Ich meine: irgendwie, im Hinterkopf, als unausgesprochener Wunsch ist es natürlich bei den meisten schon vorhanden. Wenn du kreativ tätig bist, wenn du eine künstlerische Ausbildung absolvierst, wenn du beginnst, dich in diesem Feld zu bewegen - dann hast du wahrscheinlich irgendwo in dir drinnen schon eine vage Vorstellung davon, wie es wäre, wenn du deinen Lebensunterhalt ausschließlich von deiner künstlerischen und kreativen Tätigkeit bestreiten könntest.
Aber wie genau du das angehen kannst, was du dabei beachten musst, wie es tatsächlich Realität werden kann, dass ist dir wahrscheinlich nicht so klar.
Vielleicht denkst du, dass es eher Zufall ist, oder gute Kontakte, die sich einstellen werden, ein Netzwerk, dass du dir aufbauen kannst - oder du denkst dir auch sowas wie:
"Wenn ich nur wirklich gut bin, dann werden „Sie“ mich schon entdecken".
oder auch:
"Wenn ich diese Ausschreibung, diesen Wettbewerb, dieses Casting gewinne, DANN werde ich es geschafft haben, ich muss nur DEN eine Coup landen, das wird alle weiteren Türen öffnen".
All das ist nicht so falsch, und in Wahrheit kann jeder einzelne dieser Wege - und viele weitere - zum Ziel führen, aber die allererste, die entscheidende Frage, die hast du dir - wenn du ähnlich tickst, wie viele andere, die ich kenne - vielleicht noch gar nicht gestellt:
WILL ich überhaupt von meiner Kunst leben?
Jetzt, wo du die Frage so liest, sagst du vielleicht: „Ja natürlich!“ - so wie die meisten Menschen antworten würden, wenn ich sie frage „Willst du reich sein?“.
Oder aber, je nach deiner Persönlichkeit, sagst du vielleicht auch:
„Ja schon, aber…“ - und das „aber“ ist dir vielleicht gar nicht so klar, aber du spürst, dass es jede Menge „aber“s gibt :-)
Wenn deine Antwort ist: „Eigentlich nicht“ - oder auch „Ganz sicher nicht“ - dann vermute ich, dass du hier nur deshalb mitliest, um diese deine Antwort in irgendeiner Form hier bestätigt zu finden (im Sinne von: „Ah ja, wenn ich DAS machen muss, was hier steht, dann will ich es wirklich nicht“).
ODER du hegst in dir drin doch einen Zweifel, ob du es nicht doch versuchen möchtest… in beiden Fällen lade ich dich ein, weiter zu lesen und zu schauen, wie „es“ (all das hier auf diesem Blog) auf dich wirkt.
Gut, also ich habe dir diese Frage gestellt, du hast sie oben gelesen und wie in den vorigen Absätzen beschrieben gleich auf die eine oder andere Art spontan darauf geantwortet - aber:
Hast DU SELBST dir diese Frage schon einmal ganz konkret und mit dem Willen, eine Antwort darauf zu finden, gestellt?
Will ich überhaupt von meiner künstlerischen Tätigkeit leben?
Ich möchte dich einladen, dass zu tun - am Besten in einer ruhigen Stunde, ungestört, zuhause, im Kaffeehaus, auf einem Spaziergang - in jedem Fall mit Notizbuch oder Papier und Stift oder deinem Laptop um das, was dir durch den Kopf geht, aufzuschreiben - einfach, weil sich die Gedanken sonst (wenn du nicht einen sehr disziplinierten Denkstil pflegst) wahrscheinlich im Kreis drehen.
Warum ist es wichtig, dass du dir diese Frage konkret stellst und darauf bestehst, für dich auch eine Antwort darauf zu finden?
Weil du sonst, metaphorisch gesprochen, ewig im Vorzimmer sitzen bleibst.
Du bist im Vorraum, im Warteraum, und wartest darauf, dass die Tür aufgeht und eine Stimme sagt: „Der Nächste bitte“.
Weder weißt du, ob du es bist, die dann drankommt, noch, was dich da drinnen erwartet, noch, ob du überhaupt aufzeigen wirst und „ich bins“ sagst.
Du weißt nicht, ob du überhaupt vorhast, rein zu gehen, ob du den Mut hast, dich dem zu stellen, was drinnen passiert, ob du nicht schweigen und am Abend unverrichteter Dinge heimgehen wirst.
Oder ob du nicht sogar froh bist, erleichtert, dass man dich übersehen hat, oder ob du dich im Nachhinein beschwerst, dass man dich übersehen hat, und ob du überhaupt am nächsten Tag wieder kommst, und nochmals im Vorraum sitzen wirst und das ganze wieder von vorne los geht, Tag für Tag.
Wenn du nicht ungewollt, auf eine von dir nicht selbst bestimmbare Art „reingezogen“ werden willst, wenn du aber auch nicht ewig im Vorzimmer sitzen bleiben willst und deine gesamte Zeit, dein gesamtes Leben dort vertrödeln willst (es sei denn, es gefällt dir ausnehmend gut im Vorzimmer), dann braucht es eine Entscheidung, eine klare Entscheidung:
JA! ICH WILL!
Ja, ich will weiter gehen, ich will mich dem allem stellen, was im nächsten Raum kommt, ich melde mich, sobald die Türe aufgeht, oder ich gehe gar selbst einfach hinein. Ich weiß nicht, was mich erwartet, ob es nur ein Raum sein wird, oder viele weitere, die dahinter kommen, aber ich WILL sehen, was dort drinnen ist, ich WILL weiter gehen, ich WILL nicht ewig hier sitzen bleiben und warten.
Dir diese Frage offen und direkt zu stellen und dir selbst darauf eine Antwort zu geben…
Will ich überhaupt von kreativen Arbeit leben?
…ist der erste, entscheidende Schritt, um überhaupt selbstbestimmt weiter zu gehen, dich nicht einfach nur dem Zufall und dem Glück auszuliefern.
UND es ist der Schritt, die Entscheidung, die dir Sicherheit und Halt gibt in allem Weitern was kommt, WEIL du diese Entscheidung selbst getroffen hast.
In dem du dir auf diese Frage eine ANTWORT gibst, übernimmst du die VerANTWORTung und das gibt Kraft und Sicherheit (vor allem wenn man es oft macht und übt - ganz genau so wie bei deiner künstlerischen und kreativen Tätigkeit).
Aber ACHTUNG: sich diese Frage zu stellen und sie bewusst für sich mit „JA“ zu beantworten heißt noch nicht, dass du jetzt GLEICH damit beginnen musst!
Ich möchte hier NICHT diese Art von Ratschlag teilen: „Triff eine Entscheidung, verbrenne die Boote und wenns kein zurück mehr gibt, wirst du es schon schaffen“. Das ist ein ganz, ganz schlechter Rat und warum er das ist, werde ich an anderer Stelle noch mal besprechen.
Wichtig ist: sich die Frage aktiv zu stellen, sich selbst eine Antwort darauf zu geben (siehe unten) und dann einen Plan, eine Strategie zu entwickeln, es anzugehen. Zu Plänen und Strategien werde ich bald noch einiges schreiben…
So, jetzt aber wirklich: stell dir die Frage, finde eine Antwort - und ich will dir auch noch einen guten, konstruktiven Weg zeigen, wie du aus möglichen Gedankenspiralen rauskommst und dir selbst Antworten geben kannst, die dich auch tatsächlich weiter bringen:
Obwohl nämlich die Frage klar scheint:
Will ich überhaupt von meiner Kunst leben?
Gibt es zumindest vier mögliche Antworten:
1) JA
2) JA, aber…
3) NEIN
4) NEIN, aber…
Und was du nun tun solltest, ist folgendes:
1) Wenn die Antwort JA ist - dann beginne eine Liste:
„JA, WEIL….“
und halte alles fest, was dir einfällt - nicht nur heute, sondern auch morgen, übermorgen und die folgenden Tage.
2) Wenn die Antwort JA, ABER… ist, dann beginne ebenfalls eine Liste:
alles, was du hier festhältst, gibt dir Hinweise darauf, was du NICHT willst - und was du daher vermeiden solltest, worauf du achten wirst, wenn du es angehst, von deiner künstlerischen und kreativen Tätigkeit zu leben.
3) Ist die Antwort NEIN - dann, ja dann beginne eine Liste mit:
NEIN, WEIL…
Diese Liste wird dir wahrscheinlich alle Vorurteile und Vor-Annahmen aufzeigen, die du über das Leben als Künstler°in oder selbständige°r Kreative°r hast - das ist eine unglaublich wertvolle und kraftvolle Ressource, die du nützen kannst, wenn du es DOCH eines Tages versuchen willst - WIE, das werde ich in einem eigenen Blogbeitrag noch behandeln.
4) Ist die Antwort NEIN, ABER… dann gibt dir eine Liste mit allen „aber“s gute Argumente für ein JA, WEIL zur Hand, wenn du deine Entscheidung eines Tages nochmals überdenkst.
Soweit für heute - wie geht es euch? Habt ihr euch diese Frage…
Will ich überhaupt von meiner Kunst leben?
…schon einmal bewusst gestellt und eure Antworten darauf festgehalten?
Was war der EINE - wichtigste und entscheidende Aspekt, den ihr dabei herausgefunden habt?
Ich würde mich freuen, wenn ihr diesen Aspekt hier unten bei den Kommentaren teilen möchtet - und nicht nur ich freue mich:
Ihr helft damit auch anderen, euren Kolleg°innen weiter, denn nichts ist hilfreicher, als zu merken, dass ihr mit euren Zweifeln, Fragen, Sehnsüchten und Träumen nicht allein seid - und dass es Lösungen dafür gibt, wenn ihr sie sucht!
Ich freue mich, von dir und euch zu hören!
Euer
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