Habt ihr schon mal bei Google „Wie man als Künstler“ eingegeben und darauf geachtet, was die Autovervollständigungsfunktion euch vorschlägt?
Ihr seht es auf obigem Bild - ganz als oberstes kommt:
„Wie man als Künstler überlebt“
Das Selbe übrigens auch, wenn du „Wie man als Künstlerin…“ eingibst - Google gendert scheinbar nicht so gerne, sondern bessert die Frage diskret auf „Künstler“ aus und macht die selben Vorschläge (die allerdings auf deinem Computer durchaus andere sein können als hier auf meinem).
Diese Autovervollständigung deiner Frage beruht auf der Häufigkeit und dem Inhalt der bisherigen Suchen, in denen das Wort „Künstler“ vorkommt - und scheinbar ist eben die Antwort darauf, wie man als Künstler°in überlebt, genau das, was am häufigsten gesucht wird.
Noch vor der Frage, wie man als Künstlerin bekannt wird oder erfolgreich, bzw. wie man überhaupt als Künstler Geld verdient.
Wie überlebst du also als Künstler°in?
Zuallererst natürlich, indem du tödliche Unfälle vermeidest.
Das ist ein makabrer Scherz (Entschuldigung!) - ich will dir aber damit nur die Augen öffnen, was denn in dieser Frage eigentlich steckt - denn was soll denn das heißen „überlebt“…?
Das Gegenteil von Überleben ist ja wohl: nicht überleben, das Zeitliche segnen, abkratzen, dahinscheiden, ein Bankl reissen (in Wien), abtreten (für Schauspieler), flöten gehen (Musiker) [*] oder wie immer du es nennen möchtest.
Das pure „Überleben“ scheint also für Künstler°innen schon mal genug zu sein - bzw. eben per se schon fragwürdig, sonst würden ja nicht so viele Menschen genau diese Frage an Google stellen. Und wer sind überhaupt diejenigen, die diese Frage eintippen? Die Künstler°innen selbst - oder andere, neugierige, mitleidige oder vielleicht sogar schadenfrohe Menschen?
Das „Überleben“ kann ja wohl nur so gemeint sein, dass du als Künstler°inn nicht genug verdienen wirst, um deinen Lebensunterhalt zu bestreiten, dass du bald am Hungertuch nagen, aufgrund von Nahrungsmangel die ewigen Jagdgründe betreten könntest (ja, ja, ich hab mich ein bisschen in die Liste der Synonyme vertieft… siehe auch ganz unten in diesem Beitrag....).
Worauf will ich eigentlich hinaus?
Ich meine: diese Grundannahme - dass es als Künstler°in schon fragwürdig ist, überhaupt zu überleben (wie viele Menschen tippen schon ein: „Wie überlebe ich als Ärztin?“ oder „Wie überlebe ich als Rechtsanwalt?“) - ist per se schon mal die Wurzel des Übels.
Sie beruht auf einem Künstlerbild, das vor gar nicht so langer Zeit entstanden ist (na ja, kommt auf die Perspektive an - ein Weilchen ist es natürlich schon her) - nämlich in der Romantik, im 19. Jahrhundert. Erst da kam überhaupt der „Beruf“ des selbstständigen Künstlers auf, und weil es eben die Romantik war, und eine ganz allgemein melancholische, sentimentale Stimmung geherrscht hat (die durchaus reale, auch politische Hintergründe hatte, aber das würde hier zu weit führen), weil also viele so ein wenig in „Werther-Leidens-Stimmung“ waren, speziell die Künstler°innen (und dieser Beruf eben auch ziemlich in Mode kam), ja, deshalb hat sich das Bild des „armen Künstlers“ geformt - und seither auch, erschreckend lange (es ja nämlich, genau betrachtet DOCH schon eine Weile her) gehalten.
Einer der ersten selbständigen Künstler, schon vor der Romantik, und damit rolemodel für viele Nachfolger°innen, war übrigens Mozart, und der hat ganz und gar nicht am Hungertuch genagt, er hat außerordentlich gut verdient. Nur hat er leider noch viel mehr ausgegeben, als er verdient hat - was zu allen Zeiten schon der Hauptgrund für finanzielle Probleme war - und auch weiterhin sein wird. (Aber mehr zu diesem Thema - einem der wichtigsten! - in einem anderen Blogbeitrag)
Auch der Schöpfer eines der berühmtesten Bilder, die dieses Image des „armen Künstlers“ festhalten und verfestigen und immer wieder zur Illustration dieses bedauernswerten Zustands verwendet werden - nämlich „Der arme Poet“ - auch der Schöpfer dieses Bildes, Carl Spitzweg, war keinesfalls selbst ein armer Künstler, sondern hatte im Gegenteil großen - auch finanziellen - Erfolg mit seinen Bildern.
Waren diese Bilder deshalb weniger „Kunst“ als die seiner nicht so erfolgreichen Kolleg°innen?
Das ist nämlich das zweite, mit dem Bild vom „armen Künstler“ verbundene, scheinbar ebenso unausrottbare Klischee: dass nur diejenigen Künstler°innen nicht arm wären, die sich eben (an wen auch immer) „verkaufen“ - und das ist dann in einem abwertenden Sinn gemeint: was sich gut verkauft, kann eben keine gute Kunst sein.
Aber zurück zu unserem Ausgangspunkt: nehmen wir einmal an, die meisten derjenigen, die diese Frage:
Wie ich als Künstler überlebe...
eintippen, sind selbst Künstler°innen oder solche, die es gerne sein oder werden möchten.
Was sagt das über ihr Selbstbild aus?
Dass sie nämlich tatsächlich auch heute noch an einem alten, scheinbar unausrottbaren Klischee - das des armen Künstlers, dessen Kunst zudem nur dann wirklich „echt“ ist, wenn er auch tatsächlich arm bleibt - festhalten.
Und dass sie tatsächlich (nur!) nach einem Weg suchen, zu ÜBERleben statt zum Beispiel: GUT zu leben.
Jetzt werdet ihr vielleicht sagen: "ja aber es gibt ja WIRKLICH so viele Künstler°innen, die in prekären Situationen leben, die Lage ist doch tatsächlich fatal - schau dir doch die Zahlen und Fakten an, die die Künstler°innen-Vertretungen immer wieder präsentieren. Es gibt doch Studien, die das untermauern!"
Da habt ihr natürlich recht. Es ist richtig - viele Künstler°innen verdienen nicht ausreichend, werden schlecht bezahlt, ihre Preise werden gedrückt, die Förderungen werden gekürzt, etc.
Es ist unbestreitbar Aufgabe der Interessenvertretungen, das aufzuzeigen und sich für faire, bessere, kunstfreundlichere Bedingungen einzusetzen. Und es ist euer Recht, als Künstler°innen, auf diese Arbeit der Interessenvertretungen zurückzugreifen, euch darauf zu verlassen und vor allem auch, diese zu unterstützen (in dem ihr z.B. Mitglieder werdet!) - denn sie fordern bessere Bedingungen für alle Künstler°innen, fördern dadurch die Kunst- und Kulturlandschaft per se und leisten somit generell mit ihrer Arbeit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.
ABER: es ist eben NICHT deine Aufgabe, als Künstler°in, die prinzipiell schwierige Lage von Künstler°innen zu illustrieren, indem du vorlebst, wie es ist, NICHT von deiner Kunst leben zu können. Oder eben - getreu der Suchanfrage bei Google:
Mit deiner Kunst gerade einmal damit ÜBERLEBEN zu können.
Ist nicht eine der wichtigsten Aufgaben der Kunst (sofern Kunst überhaupt Aufgaben hat - aber dazu ein anderes Mal), ist es also nicht eine der wichtigsten Aufgaben, Inspiration zu bieten?
OK, Kunst kann und soll natürlich auch kritisch, in Frage stellend, den Status Quo herausfordernd sein - aber gleichzeitig kann sie uns auch Wege aufzeigen, Perspektiven öffnen, Hoffnung geben.
Und wie besser könntest du das tun, als durch dein Leben als real existierende Künstler°in, die von ihrer Arbeit nicht nur ÜBERlebt, sondern GUT lebt. Und indem du das auch kommunizierst - statt dich aus falsch verstandener Solidarität und Loyalität verpflichtet zu fühlen, in den Chor „uns Künstler°innen geh es allen so schlecht“ einzustimmen?
Bessere Bedingungen zu fordern ist richtig und wichtig - positives Rolemodel zu sein, ebenso.
SEI also du das Rolemodel, das Vorbild - auch wenn es derzeit noch nicht so weit ist, und du tatsächlich grade dabei bist, bei Google einzutippen „Wie überlebe ich als Künstler?“ bzw., Googles Gender-losigkeit ignorierend „Wie überlebe ich als Künstlerin?“, auch wenn du also wirklich gerade damit kämpfst, mit deiner Kunst überhaupt zu überleben - oder wenn du Angst hast, dich auf ein Leben als Künster°in einzulassen, WEIL du fürchtest, du könntest damit nicht überleben:
Lass’ das sein, denk gar nicht erst daran, dass du nicht „überleben“ könntest, hüte dich vor Unfällen oder giftigen Ingredienzen und hüte dich vor allem aber vor limitierenden Gedanken. Nimm dir vor, selbst Vorbild zu sein, Inspiration zu geben, Perspektiven aufzuzeigen und tippe lieber ein, oder sage es oder schreie in die Welt hinaus:
SO LEBE ich als Künstler°in: GUT!
Und DANN geh’s an: beweise es - dir und allen anderen :-)
Ich bin schon gespannt, was ihr dazu sagt und freue mich auf Eure Kommentare!
Euer Peter
PS: WIE du es konkret angehen kannst, dazu bringe ich hier jede Woche einen weiteren Beitrag - und wenn du gleich und erfolgreich starten möchtest, dann schau doch beim meinem Online-Kurs " Kunst ° Leben ° Können vorbei - du kannst ihn ohne Risiko und mit 100% Geld-zurück-Garantie ausprobieren.
[*] Hier noch die Liste "Sterben nach Berufen" die ich zuerst durch Zufall gefunden und dann aus verschiedenen weiteren Quellen zusammengestellt habe:
Der Gärtner beißt ins Gras.
Der Maurer springt von der Schippe.
Der Koch gibt den Löffel ab.
Der Turner verreckt.
Den Elektriker trifft der Schlag.
Der Pfarrer segnet das Zeitliche.
Der Spachtelfabrikant kratzt ab.
Der Schaffner liegt in den letzten Zügen.
Der Beamte entschläft sanft.
Der Religiöse muss dran glauben.
Der Zahnarzt hinterlässt eine schmerzliche Lücke.
Der Gemüsehändler schaut die Radieschen von unten an.
Der Fechter springt über die Klinge.
Die Putzfrau kehrt nie wieder.
Der Anwalt steht vor dem jüngsten Gericht.
Der Autohändler kommt unter die Räder.
Der Kfz-Mechaniker schmiert ab.
Der Förster geht in die ewigen Jagdgründe ein.
Der Gynäkologe scheidet dahin.
Der Schornsteinfeger erbleicht.
Der Rabbi geht über den Jordan.
Der Optiker schließt für immer die Augen.
Der Eremit wird heim gerufen.
Der Tenor hört die Englein singen.
Der Spanner ist weg vom Fenster.
Das Busenwunder nippelt ab.
Nur die Künstler°innen überleben...
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