Fällt es dir leicht, über dich und deine Arbeit zu sprechen?
Wie geht es euch damit, wenn ihr von jemandem über eure künstlerische Arbeit, über euer aktuelles kreatives Projekt gefragt werdet, oder wenn ihr in einem bestimmten Zusammenhang über euch selbst sprechen sollt?
Wenn es euch dabei ähnlich geht, wie so vielen anderen kreativen Menschen, könnte es sein, dass eure Antwort eher zögerlich ausfällt, dass ihr vor euch selbst das Gefühl habt, dass ihr irgendwie „herumlaviert“ ohne wirklich spezifisch zu werden, dass ihr gar stottert oder irgendwie im Kreis redet.
Vielen Künstler°innen fällt es schwer, über ihre Arbeit zu reden.
Wenn es um sie selbst geht, dann hört oft alle Kreativität, alle Spontanität und ja - oft auch aller Mut auf.
Warum ist das so, und was kannst du dagegen tun?
Wie du besser über deine Arbeit und über dich selbst als Künstler°in und Kreative°r kommunizieren kannst
Zunächst einmal solltest du erkennen, dass das Darstellen deiner Person und deiner Arbeit durchaus ein wichtiger Teil dieser künstlerischen Arbeit selbst ist.
Es ist nichts Zusätzliches, Aufgesetztes - es ist ein Teil dieser kreativen Arbeit per se: das, was du künstlerisch tust, bildet mit dir selbst, also der Person, die dies schafft UND mit deiner Kommunikation über dieses Schaffen gemeinsam eine Einheit. DAS ist die Einheit, die bei denjenigen, für die du deine Arbeit machst, ankommt und ankommen soll.
Je eher du dir das klarmachst und je mehr du dazu stehst, je besser du diesen Teil deiner künstlerischen Präsenz akzeptierst und verbesserst, desto mehr Zugang wirst du zu denen finden, an die sich deine künstlerische Arbeit richtet.
Klar, jetzt könnte man Louis Armstrong zitieren, der auf die Frage eines Journalisten, was denn Jazz eigentlich sei, geantwortet haben soll:
„Wenn du das fragen musst, wirst du es nie verstehen“
Allerdings: er hat hier von Jazz im Allgemeinen gesprochen, nicht über sich selbst und seine konkreten Absichten. Darüber konnte er nämlich durchaus sprechen, auch sehr gut und sehr pointiert wie in seiner Biografie nachzulesen ist.
Auch Pablo Picasso meinte:
"Jeder möchte die Kunst verstehen. Warum versucht man nicht, die Lieder eines Vogels zu verstehen? Warum liebt man die Nacht, die Blumen, alles um uns herum, ohne es durchaus verstehen zu wollen? Aber wenn es um ein Bild geht, denken die Leute, sie müssen es 'verstehen'."
Das ist schon richtig. Wir sind als Künstler°innen nicht dazu da, die Kunst, die wir machen, auch noch zu „erklären“ - natürlich sollen und können unsere Arbeiten für sich selbst stehen und Impressionen, Gefühle, Eindrücke erwecken, die nicht auch noch extra erklärt werden müssen.
In manchen künstlerischen Sparten ist das ja eigentlich auch selbstredend (im wahrsten Sinne): Kaum jemand wird einen Schauspieler oder eine Opernsängerin fragen, wie das, was sie eben dargestellt hat, „gemeint“ war.
Leider führt aber diese Tatsache: dass nämlich Kunst an sich nicht erklärt werden kann oder soll, bei vielen Künstler°innen auch zur Ansicht, dass sie über ihre Kunst gar nicht reden können oder sollen - oder müssen.
Und das ist ein Trugschluss.
Über euch und eure Arbeit zu reden, zu schreiben, sie darzustellen ist absolut essentiell!
Es ist nämlich TEIL eurer Arbeit - und bitte denkt nicht, dass erfolgreichen Künstler°innen dies von ihren Galeristen, ihren Agenten oder sonst irgendwem abgenommen wird oder werden kann.
Im Gegenteil - gerade die erfolgreichsten Künstler°innen geben natürlich die meisten Interviews, gerade ihnen werden die absurdesten Fragen gestellt, gerade sie kommunizieren am allermeisten über sich und über ihre Arbeit.
Jetzt gibt es natürlich Leute, die sagen:
„Ja, das ist es ja eben, DIE sind so erfolgreich WEIL sie sich so gut darstellen können! Die sind eben Selbstdarsteller - und ich bin es nicht, da kann ja nie was aus mir werden.“
Das ist in etwa das selbe Argument, wie zu meinen, dass Talent eben alles sei, und wer nicht talentiert sei, der sollte es eben gleich lassen. Sich selbst darzustellen wäre also eine zusätzliche Art von Talent, das dazu führt, besonders erfolgreich zu sein.
Das ist an sich nicht ganz von der Hand zu weisen - wir alle wissen aber, dass Talent nicht die einzige Komponente ist. Es gibt sogar erstaunlich viele Künstler°innen, die kein ausgesprochenes Talent für ihrer speziellen Kunst hatten - aber sie hatten einige andere ausschlaggebende Eigenschaften (bzw. haben diese mit einiger Mühe erworben!), über die ich an anderer Stelle noch schreiben werde.
Für hier reicht es zu sagen: ok, einige können das - im konkreten Fall eben: das „über sich und seine Arbeit reden“ - besonders gut. Aber alle anderen - und wenn du zu denen gehörst, eben auch du - können es lernen.
Und selbst Picasso, weil ich ihn eben schon erwähnt habe, hat das aktiv getan:
Wie Françoise Gilot in „Leben mit Picasso“ schreibt, hat er ganz aktiv das Gespräch mit den Schriftstellern und Poeten unter seinen Freunden gesucht und darauf geachtet, was SIE über seine Werke sagen. Diese Ansichten, Sätze und Formulierungen hat er aufgenommen und sie zu seinen eigenen gemacht. Er hat, so sagt Gilot, dadurch nach und nach gelernt, sehr gut und eloquent über seine eigene Arbeit zu sprechen.
Das wäre auch schon die erste Taktik und Idee, die ich euch heute mit auf den Weg geben möchte: wenn es dir eben schwerfällt, über dich und deine Arbeit zu sprechen:
Hör auf das, was ANDERE zu sagen haben.
Hör ganz genau und bewusst zu, frage nach, ja stelle überhaupt von Anfang an Fragen, damit sie erst einmal anfangen, etwas konkret zu deiner Arbeit zu sagen.
Das erfordert natürlich auch Mut (oft wollen wir ja gar nicht so genau wissen, was die anderen denken). Aber Mut brauchen wir sowieso immer, es ist also nicht falsch, diesen hier auch gleich mit zu trainieren: fang einfach in deiner näheren Umgebung an, frag Freunde und Bekannte - sie müssen keine Schriftsteller und Poetinnen sein - nach und nach wirst du schon, wenn du dies öfters machst, auf Leute treffen, die besser formulieren können. Höre auf das, was sie sagen und wie sie es sagen!
ABER: Sei vorsichtig, bei dem, WAS du hörst.
Wir haben leider die unglückliche Tendenz, sehr oft das Negative zuerst zu hören, ja oft sogar Negatives und Unterschwelliges dort hinein zu interpretieren, wo es gar nicht vorhanden war. Darüber habe ich im Artikel über „Umgang mit Kritik“ schon mehr geschrieben - darum geht es NICHT! Es geht darum, zu erfahren, zu hören, was andere Menschen Positives über eure Arbeit sagen und wie sie es formulieren.
Übrigens: sogar dann, wenn das, was sie sagen, von dem abweicht, worum es euch eigentlich geht - hört genau hin!
Das was empfangen wird, ist genau so Teil der Kommunikation wie das was gesendet wird - das gilt in selber Weise auch für die Kunst.
Eure Absicht ist das Eine, die Botschaft die ankommt , die empfangen oder interpretiert wird, ist das Andere und BEIDES zusammen IST der Inhalt eurer Kunst.
Ihr könnt sogar so weit gehen, andere zu bitten, für euch über euch zu schreiben, wenn ihr jemanden kennt, der gerne und gut schreibt. Traut euch - wahrscheinlich macht es ihr und ihm ja Freude, euch auf diese Weise zu unterstützen!
Fragt - bzw. überlegt - auch, wie er oder sie EUCH sieht, welches Bild ihr hinterlasst, wie ihr als Künstler°in auf andere wirkt.
Ein weiterer Weg ist, diese andere Person in euch selbst zu schaffen:
Denkt euch in eurem Kopf jemand anderen, der über euch spricht, der über eure Arbeit spricht.
Was sagt diese Person?
Wohlgemerkt, es geht hier NICHT um „Erklärungen“ eurer Arbeit, sondern darum, was diese Arbeit auslöst, was der - echte oder fiktive - Andere in eurer Arbeit sieht, was er spürt, welche Resonanz diese auslöst.
Wenn ihr auch als andere Person in eurem Kopf nicht so recht wisst, was ihr sagen könntet, stellt euch selbst Fragen: ganz banale Fragen - und findet darauf Antworten.
Auf diese Weise könnt ihr übrigens auch ganz gut Texte schreiben (für die Website, für Präsentationen, Artist Statements, etc.):
Stellt euch Fragen, beantwortet diese auf die direkteste und persönlichste Art, die euch einfällt, so als würdet ihr sprechen, nicht schreiben - löscht dann die Fragen weg und - voilá - schon habt ihr eine guten, natürlich geschriebenen Text.
Zu guter Letzt: scheut euch nicht, diese Texte - von anderen gesagt (und von euch, auch aus der Erinnerung, niedergeschrieben) ebenso wie die von anderen und auch von euch selbst geschrieben, so oft erneut zu lesen, dass ihr sie quasi memoriert. OHNE sie wirklich zu memorieren - dann auswendig gelernt soll es natürlich nicht klingen, wenn ihr gefragt werdet - sondern eben - ja, „natürlich“ eben.
Auf natürliche und flüssige Art, ohne Stocken, klar, mit Überzeugung über eure Arbeit kommunizieren zu können ist eine unglaublich wichtige Fähigkeit, fast ebenso wichtig wie die Arbeit selbst.
Nehmt diese daher auch für ebenso wichtig.
So wie ihr eure kreativen Fertigkeiten verbessert, eure künstlerische Tätigkeit durch beständiges Üben und Tun perfektioniert, so solltet ihr auch Augen (und Ohren-)merk darauf legen, was ihr ZUSÄTZLICH zu eurer Arbeit über diese und auch über euch selbst an die Welt „sendet“.
Dies wird einen gewaltigen Unterschied machen, darauf könnt ihr vertrauen!
Apropos "Andere fragen":
Wie seht ihr das? Wie geht es euch damit, über eure Arbeit zu sprechen, zu schreiben, sie darzustellen? Welche Erfahrungen hat ihr damit, euch selbst als Künstler°innen und Kreative zu präsentieren?
Ich würde mich freuen, von euch zu hören und bin schon gespannt auf eure - auf DEINE - Anmerkungen und Kommentare!
Bild: Graffiti in El Raval, Barcelona, unbekannte Künstler°in
Foto Peter Hauptmann, 22.10.2013
Themen: Künstler, Künstlerin, Selbstdarstellung, Eigendarstellung, Marketing, Portfolio, Dossier, künstlerische Position, artist statement
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